KINDGERECHT

Ein redaktioneller Newsletter der KUBIBE
mit Fachinformationen zum Thema Kitapolitik

NEWSLETTER #1

Fachkräfte verzweifelt gesucht

Eltern vertrauen Kitateams das Wichtigste an: ihre Kinder. Und zurecht erwarten sie eine verlässliche und sichere Betreuung und Förderung. Dass diese in den allermeisten Fällen nicht mehr durchgängig gewährleistet werden kann – trotz größter Bemühungen der Fachkräfte und der Träger – zeigt die neue DKLK-Studie, die gerade auf dem Deutschen Kitaleitungskongress vorgestellt wurde.

Die bundesweit größte und repräsentative Umfrage unter Kita-Leitungen wird jährlich u.a. von FLEET Education Events und dem Verband Bildung und Erziehung (VBE) durchgeführt. An der diesjährigen Studie zum Thema „Personalmangel in Kitas im Fokus“ haben über 5.000 Kitaleitungen teilgenommen.

Personalmangel gefährdet Sicherheit der Kinder

Die präsentierten Ergebnisse sind besorgniserregend. Die Pressemitteilung zur Studie bringt das Kernproblem folgendermaßen auf den Punkt: „Hochgerechnet etwa 10.000 Kitas haben im letzten Jahr in Deutschland in mehr als der Hälfte der Zeit in aufsichtspflichtrelevanter Personalunterdeckung gearbeitet. Das sind zweieinhalbmal so viele wie noch 2021 und 1.000 mehr als 2022.

Anders ausgedrückt: Diese Kitas konnten den Betrieb im Durchschnitt an mehr als jedem zweiten Tag nur unter Gefährdung der Sicherheit der zu betreuenden Kinder aufrechterhalten.“ Deutlicher kann ein Handlungsappell an die Politik kaum formuliert werden.

Konsequenzen des Personalmangels

Die Studie lässt keinen Zweifel daran, dass der Personalmangel mittlerweile allgegenwärtig im Kitaalltag ist – mit weitreichenden Folgen für die Qualität der pädagogischen Arbeit und die Arbeitsbedingungen der Fachkräfte.

Nach den Konsequenzen des Personalmangels befragt, geben 87 Prozent der Kitaleitungen an, dass pädagogische Angebote in den letzten 12 Monaten entfallen mussten. Mehr als vier von fünf Kitaleitungen führen an, dass Mitarbeitende unzufrieden mit der pädagogischen Arbeit sind (83 %) und sich der Personalmangel negativ auf die Freude an der Arbeit (89 %) auswirkt.

Ein Viertel der Kitaleitungen (25 %) gibt Kündigungen von Mitarbeitenden als Konsequenz des Personalmangels in den letzten zwölf Monaten an. Auch Gruppenschließungen (32 %) und sogar Einrichtungsschließungen (12 %) lassen sich laut der Befragten auf Personalmangel zurückführen.
Quelle Grafik: DKLK Studie 2023

Situation spitzt sich weiter zu

Ein positiver Trend lässt sich nicht verzeichnen. Im Gegenteil: Fast 95 Prozent der befragten Kitaleitungen sagen, dass sich der Personalmangel in den vergangenen 12 Monaten verschärft hat und es schwieriger geworden ist, passendes Personal zu finden.

Und die defizitäre Situation befördert noch weitere Ausfälle: Fast alle Kitaleitungen geben zu Protokoll, dass die hohe Arbeitsbelastung der verbleibenden pädagogischen Fachkräfte zu höheren Fehlzeiten und Krankschreibungen führt.

Bessere Rahmenbedingungen

Sollen Anspruch an die Bildungseinrichtung Kita und die Realität in den Einrichtungen übereinstimmen, gilt es drängende Fragen zu klären:

Was muss geändert werden, damit Erzieherinnen und Erzieher nicht ständig an und oberhalb der Belastungsgrenzen arbeiten? Welche Weichen müssen neu gestellt werden, damit Eltern Familie und Beruf besser vereinbaren können durch verlässlich eingehaltene Betreuungszeiten in Kitas und ein qualitativ hochwertiges pädagogisches Angebot?

Was bringt mehr Menschen dazu, den Beruf des Erziehers oder der Erzieherin zu ergreifen und was führt dazu, dass sie den Beruf auch langfristig gerne ausüben?

Der VBE leitet folgende Forderungen an die Politik ab:

  1. Das KiTa-Qualitätsgesetz muss mit angemessenen finanziellen Ressourcen unterlegt sein. Aufgrund der massiven Finanzierungslücke im frühkindlichen Bereich ist es notwendig, dass der Bund in deutlich größerem Umfang und dauerhaft in das Kita-System finanziert und dies als nationale Aufgabe versteht.
  2. Eine verlässliche, aufeinander abgestimmte Finanzierungsgemeinschaft aus Bund, Ländern, Kommunen und Trägern, in deren Zentrum flächendeckende Investitionen im Rahmen einer bundesweit abgestimmten Fachkräfteoffensive stehen, ergänzt um regional angepasste Maßnahmen. Diese müssen die Ausweitung der Ausbildungskapazitäten an Fach- und Hochschulen, das Angebot adäquater Entwicklungsperspektiven für ausgebildete Fachkräfte und die leichtere Anerkennung ausländischer Abschlüsse einbeziehen. Die Ausbildung im frühpädagogischen Bereich darf dabei qualitativ nicht ausgedünnt werden, Abbruchquoten müssen minimiert werden.
  3. Unmittelbare Maßnahmen zur Beseitigung aufsichtspflichtrelevanter Personalunterdeckungen.
  4. Nachhaltige Investitionen in eine wahrnehmbare Verbesserung der Arbeitsbedingungen auf mehreren Ebenen, vor allem bei Personalausstattung, Bezahlung, einer grundsätzlich und angemessen vergüteten Ausbildung, Fort- und Weiterbildungen sowie räumlicher und sächlicher Ausstattung, um die Attraktivität des Berufsbildes dauerhaft zu stärken.
  5. Eine Anpassung der vertraglich fixierten Leitungszeit an den tatsächlichen Bedarf.
  6. Den unterstützenden Auf- und Ausbau multiprofessioneller Teams (Therapeutinnen und Therapeuten, Psychologinnen und Psychologen, medizinisches Fachpersonal, Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen, Fachkräfte im Bereich der Sprachförderung), um Inklusion, Integration, Partizipation und insgesamt immer höhere Anforderungen an das System Kita bewältigen zu können. Zur Entlastung bei nicht-pädagogischen Ausgaben sind zudem Verwaltungs- und Hauswirtschaftskräfte einzubeziehen.
  7. Eine Entlastung von Kitaleitungen bei Verwaltungsaufgaben.
  8. Systematischer Aufbau und Zugang zu Angeboten der Gesundheitsprävention und -förderung.
Quelle: Pressemitteilung des VEB vom 21.03.2023

In eigener Sache

Als Träger der Jugendhilfe mit fünf Kitas in Berlin sehen wir jeden Tag in der Praxis die Herausforderungen, die der Personalmangel mit sich bringt. In unseren Kitas gilt: eine aufsichtspflichtrelevante Personalunterdeckung ist nie akzeptabel. Denn die Sicherheit der uns anvertrauten Kinder steht für uns stets im Fokus. Wenn alle anderen Möglichkeiten ausgereizt sind, müssen wir also kurzfristig Öffnungszeiten verkürzen oder schließen in absoluten Ausnahmefällen sogar tageweise Gruppen.

Natürlich stellt dies wiederum Eltern immer wieder vor Probleme, da diese Ausfälle nicht planbar und schwer vereinbar mit den jeweiligen beruflichen Situationen sind. Umso wichtiger ist es, dass die Politik die momentane Lage als das einschätzt was sie ist: eine Verwaltung des Mangels. Und dass sie endlich die nötigen finanziellen Ressourcen und Rahmenbedingungen bereitstellt. Das wäre Kindern, Eltern und Fachkräften gleichermaßen zu wünschen.

Mehr zur Studie:

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